HMKV meets Rekorder: Tresen mit Lesen
Rekorder Dortmund | Gneisenaustraße 55
Tresen mit Lesen. Eine Kooperation zwischen dem HMKV und Rekorder Dortmund. Der Autor Ulrich Gutmair liest aus seinem Buch Wir sind die Türken von morgen. Neue Welle, neues Deutschland. Eintritt 5 €. Keine Anmeldung notwendig.
Wir sind die Türken von morgen. Neue Welle, neues Deutschland handelt von einer kulturellen Revolution. Ende der 1970er Jahre empfahlen Intellektuelle in der BRD „deutsche Identität“ als Therapeutikum gegen eine angeblich orientierungslose Gesellschaft. Junge Punks zogen es vor, sich lieber selbst neu zu erfinden. Möglichst grell, laut und provokativ.
Die Löcher in ihren T-Shirts und Jeans verwiesen auf die allgemeine Kaputtheit der Verhältnisse. Sie waren im Nachkriegsdeutschland ein Skandal, weil die Heile-Welt keine Risse aufweisen sollte.
Deutschland war längst zu einem Einwanderungsland geworden. Doch die Mehrheitsgesellschaft tat sich schwer, das zu akzeptieren. Die satirische Antwort von Gabi Delgado-Lopez auf deutsche Überfremdungsangst lautete: „Wir sind die Türken von morgen.“ Er und einige andere Kinder von Migrant*innen leisteten einen wesentlichen Beitrag bei der Erfindung einer deutschen Pop-Sprache. Bald wurde die neue Bewegung „Neue deutsche Welle“ genannt. Das "deutsch" in ihrem Namen bezog sich auf die Sprache, nicht das Land.
Die Künstler*innen der Neuen Welle reflektierten den Alltag in einer Gesellschaft, die immer noch von autoritären Normierungszwängen geprägt war. Die Punks machten sich über alte und neue Nazis lustig. Junge Frauen gründeten gegen den Widerstand breitbeinig auftretender Männer Bands. Dann sangen sie munter über ihr Begehren, um das Patriarchat zu ärgern. Nicht zuletzt spielten die Styles und Texte der Neuen Welle mit den Geschlechterrollen. Sie propagierten eine spielerische Form von Queerness. „Wer sind denn da die Mädchen? Wer sind denn da die Boys?“, fragten etwa The Wirtschaftswunder aus Limburg. Ihr Sänger war ein junger Gastarbeiter aus Sizilien.
Foto: Sinem Tekel.