Zu sehen vom 1. – 31. Mai 2016
Fast genau 100 Jahre nach seiner Veröffentlichung aktualisieren Morehshin Allahyari & Daniel Rourke das Futuristische Manifest (1909) von Filippo Tommaso Marinetti auf düstere – und doch angemessene – Weise.
„Abgeleitet aus petrochemischen Stoffen, ausgekocht aus dem schwarzen Öl von einer Billion Jahre alten Bakterien ist das im 3D-Drucker verwendete Plastik schon eine Metapher, bevor es in Form geschichtet wird. Sein Potential täuscht über die Komplikationen seiner Geschichte hinweg: dass die Materie die Summe und Verlängerung unserer Abstammung ist; dass Kreativität brutal, sinnlich, unhöflich, grob, und grausam ist. Wir erklären, dass sich die Herrlichkeit der Welt um eine neue Schönheit bereichert hat: die Schönheit des Abraums, des Mülls und des Abfalls. Ein Planet, überzogen mit riesigen Fangarmen aus Plastik, wie Schlangen mit pixeligem Atem ... eine Revolution, die auf Einweg-Waffen basiert, ist wünschenswerter als die Inhalte von Edward Snowdens Aktenkoffer; atemberaubender als die von den Vereinten Nationen erlassenen Gesetze.
Es gibt nichts, was unsere betörte Rasse mehr wünschen würde als die fruchtbare Verbindung zwischen einem Menschen und einer Rechenmaschine. Und doch ist die Menschheit nur ein vorsintflutlicher Prototyp einer weit umfassenderen Schöpfung. Die gesamte Menschheit kann als ein biologisches Medium verstanden werden, deren eine Möglichkeitsform synthetische Technologie ist. Denken und Leben sind durch den Wind der Information restlos zerstreut worden. Unsere Kraft und Intelligenz gehören nicht allein uns, sondern wohnen aller Materie inne. Unsere Technologien sind die Geschlechtsorgane der materiellen Spekulation. Jeder Versuch, diese Ereignisse zu verstehen, wird durch unseren eigenen Anthropomorphismus blockiert. Um voranzukommen, müssen wir posthumane Maschinen gebären, ein phantasmagorisches und undarstellbares Repertoire höchst hybrider Wieder-Verkörperungen.
Additivism wird zentral für die beschleunigte Hervorbringung des, und die Begegnung mit dem radikalen Außen sein.
Additivism kann uns befreien.
Additivism wird uns auslöschen.“
(Auszug aus dem 3D Additivist Manifesto, 2015, dt. Übersetzung: Inke Arns)
Morehshin Allahyari, *1985 im Iran, Medienkünstlerin, Kunstaktivistin und zeitweilige Kuratorin, lebt und arbeitet seit 2007 in den USA, Studium an der University of Denver, USA, zuletzt: Studio for Creative Inquiry, Carnegie Mellon University 2015, Vilém Flusser Award 2016, www.morehshin.com
Daniel Rourke, *1982 in Großbritannien, Philosoph, lebt und arbeitet in London, promoviert derzeit am Goldsmiths, University of London, zum Thema ‘Figuring the Posthuman’, Vilém Flusser Award 2016, www.machinemachine.net