Matt Goerzen & Ed Fornieles: Baitwatch: Controlled Opposition

HMKV Video des Monats

Zu sehen vom 1. – 31. Mai 2019

Wenn jemand vorgibt, sein eigener Gegner zu sein, um das Bild zu unterlaufen, das Außenstehende von dieser Person oder Gruppe haben, nennt man das „kontrollierte Opposition". In dieser Episode für dis.art untersucht der Protagonist Bait (dt. Köder), wie aus Post-Truth (Post-Wahrheit) Post-Trust (Post-Vertrauen) wird. Dies geschieht durch das permanente Untergraben von Internet-Personen durch die Verbreitung von Sockenpuppen-Accounts (vgl. Glossar der Ausstellung Der Alt-Right-Komplex). Diese Sockenpuppen bringen Journalisten oft dazu, über ihre buchstäblich "falschen Nachrichten" zu berichten, was wiederum den Glauben an diese Journalisten unterminiert, zumindest den der Medienversierteren. Es reicht diesen Trollen nicht, ihren Lieblingsbeschäftigungen nachzugehen, Frauen zu belästigen und rassistische Memes zu verbreiten. Vielmehr versuchen sie, Menschen herauszufordern, die versuchen, sie direkt zu kritisieren - wie die Antifa -, indem sie ihre Glaubwürdigkeit untergraben und sie sogar gewalttätig und gefährlich erscheinen lassen.
Und natürlich, wenn jemand übel schreit, schreien sie, dass es „free speech" (freie Meinungsäußerung) sei und nennen andere "Schneeflocken", weil sie zu "sensibel" für Dinge wie Rassismus, Misogynie und Transphobie sind, als ob diese keine wirklichen Folgen hätten und als ob ihre Sprache und ihr Forum die weißen Terroristen in ihrer Mitte nicht ermutigen würden. Diese Trolle spielen ein Spiel, dem niemand sonst zugestimmt hat. Das wirft die Frage auf: Ist es überhaupt ein Spiel? Die Antwort ist definitiv: „nein". Vor allem, da es sehr reale Konsequenzen - wie sehr reale Gewalt – nach sich zieht. (Marco Roso, dis.art)

Matt Goerzen ist Kommunikationswissenschaftler und lebt in New York. Er forscht zu Medienmanipulation, Kulturen der Anonymität und den Technologien, die sie ermöglichen. Sein aktuelles Projekt ist die Schaffung eines kohärenten Rahmens für die Diskussion von medialen Schwachstellen durch die Nutzung von Terms-of-Craft aus der Computersicherheitsforschung. 2016 schloss er mit dem Master of Arts in Communications Studies an der McGill University ab. In seiner Dissertation "Critical Trolling" entwickelt er eine politisch neutrale Definition von Trolling, bevor er die Techniken von frühen Internet Grey Hat Hacking Communities bis hin zur künstlerischen Avantgarde vor dem Internet zurückverfolgt. Letztendlich untersucht seine Dissertation eine aufstrebende Klasse von zeitgenössischen Künstler-Trollen, die in einem ausgesprochen liberalen, "kritischen" Modus funktionieren, und unterscheidet sie von den subkulturellen Trollen, die typisch für Gemeinschaften wie 4chan sind. Goerzen hat auch einen BFA an der Concordia University und einen BJ (Bachelor of Journalism) an der Carleton University absolviert.

Ed Fornieles (*1983, UK) ist Künstler und lebt und arbeitet in London. 2011 absolvierte er einen MA in Bildhauerei am Royal College of Art, London, UK, nachdem er 2005 einen BA in Bildender Kunst an der Ruskin School of Drawing and Fine Art, Oxford University, UK, erhalten hatte. 2003 wurd er mit dem Cunliffe Prize ausgezeichnet, vergeben von Anya Gallaccio. 2001 Winchester University, HND Art & Design, UK. In seinem aktuellen Projekt Cel setzt er immersives Rollenspiel ein, um die Auswirkungen hierarchischer Strukturen zu untersuchen und auch, wie extremistische Ansichten sich gegenseitig verstärken und die Welt, in der wir leben, negativ beeinflussen. Fornieles konzentriert sich in seiner Arbeit auf die Erforschung alternativer Werkzeuge und Verhaltensmuster mit Hilfe des Rollenspiels. Er hat in unter anderem in der Serpentine Gallery, Chisenhale Gallery, Martin Gropius Bau und anderen Institutionen und Galerien ausgestellt.

In der Serie HMKV Video des Monats stellt der HMKV im monatlichen Wechsel aktuelle Videoarbeiten internationaler Künstler*innen vor – ausgewählt von Inke Arns.

Matt Goerzen & Ed Fornieles
Baitwatch: Controlled Opposition

Video, 2018, 7:08 Min.
Courtesy of dis.art

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