Maha Maamoun: 2026

HMKV Video des Monats

 

Maha Maamoun nutzt in ihrer künstlerischen Praxis die Medien Video und Fotografie und arbeitet mit wieder­erkennbaren Bildern aus dem kulturellen Mainstream. Das Publikum kann so neue Schlüsse aus ihnen ziehen. In der Videoarbeit 2026 bezieht sich Maamoun auf Chris Markers Science-Fiction-Film La Jetée [Die Landungsbrücke] (1962), in der die Überlebenden einer nuklearen Apokalypse einen Gefangenen auf eine Zeitreise schicken; dieser soll in der Vergangenheit und der Zukunft Menschen bitten, in der Gegenwart Hilfe zu leisten.

Maamoun reinszeniert eine Szene des Films, in der ein Mann in einer Hängematte liegt; er trägt eine Augenmaske mit angeschlossenen Kabeln, die an seinem Körper entlanglaufen. Wir hören jedoch nicht die originale Tonspur von La Jetée (1962), sondern eine Stimme aus dem Off, die aus Mahmoud Osmans Science-Fiction-Roman The Revolution of 2053: The Beginning [Die Revolution von 2053: Der Anfang] (2007) vorliest. Der Text beschreibt eine dystopische Vision von Ägypten, in der eine fiktive Revolution im Jahr 2053 das Land in den gesellschaftlichen Ruin getrieben hat.

Mit einem unheimlichen Gespür für die künftige Entwicklung schuf Maamoun mit 2026 nur ein Jahr vor der tatsächlichen Revolution in Ägypten 2011, die zum Sturz des damaligen Präsidenten Hosni Mubarak führte. Mit einem verwirrenden Mix von Verweisen und einer nichtlinearen Erzählweise vermischt die Künstlerin Fakten und Fiktion. Sie imitiert so die Art und Weise, wie ein revolutionärer Umbruch vorweggenommen, erlebt und erinnert wird.

2026 von Maha Maamoun ist Teil der von Inke Arns und Andrea Popelka kuratierten Hauptausstellung der Wiener Festwochen 2024. Die Ausstellung ist unter dem Titel Genossin Sonne ab dem 17. Mai in der Kunsthalle Wien zu sehen (bis 1. September 2024). Mehr: https://kunsthallewien.at/ausstellung/genossin-sonne/

Ausgewählt von Inke Arns (HMKV)

Maha Maamoun ist Künstlerin, Kuratorin und Herausgeberin. In ihrer Arbeit untersucht sie Form, Funktion und Aktualität visueller und literarischer Bilder als Teil des kulturellen und gesellschaftlichen Netzes, das wir gemeinsam weben und in das wir gleichzeitig verwoben sind. Sie ist Mitbegründerin des Contemporary Image Collective (CiC) in Kairo (2004) und der Verlags- und Kurator*innenplattform Kayfa ta (2012).

Mehr zur Künstlerin: http://gypsumgallery.com/bio-maha-maamoun

In der Serie „HMKV Video des Monats“ stellt der HMKV im monatlichen Wechsel aktuelle Videoarbeiten internationaler Künstler*innen vor – ausgewählt von Inke Arns.

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