Zu sehen vom 1. – 31. Mai 2015
My Lifetime (Malaika) ist ein Video über das Nationale Symphonieorchester Ghanas, welches im Nationaltheater von Accra aufgenommen wurde. Die Musiker spielen „Malaika“, eine eigentlich fröhliche und aufmunternde postkoloniale Komposition, die von berühmten MusikerInnen wie Miriam Makeba, Harry Belafonte, Boney M. und vielen anderen interpretiert wurde.
Das Nationale Symphonieorchester Ghanas wurde in den späten 1950er Jahren gegründet. Ghana, das zu der Zeit von Kwame Nkrumah regiert wurde, erlangte damals seine Unabhängigkeit von Großbritannien. Nkrumahs Regierung führte neue kulturelle Strukturen ein, die ein nationales Bewusstsein etablieren und den Übergang von der Kolonialherrschaft zu einem unabhängigen Staat gewährleisten sollten. Diese neuen Kulturinstitutionen sollten auch neue Haltungen etablieren: Da die traditionelle Kultur und Musik funktional und partizipatorisch waren, musste ein Abstand zwischen Zuhörern und Musikern geschaffen werden, der die Akteure auf der Bühne von den Zuschauern im Zuschauerraum trennte. Die räumliche Neuordnung sollte zu einer Änderung des Verhaltens führen und damit zur Schaffung eines neuen Staatsbürgers beitragen: ein Bürger, der nicht (mehr) aktiv an der Musik teilnimmt, sondern diese distanziert genießt. Die traditionelle Rolle der Musik und ihre Präsenz im öffentlichen Raum sollten auf diese Weise verändert werden.
Das heutige Nationale Symphonieorchester ist so – als kulturelles Erbe seines Gründers Kwame Nkrumah – zu einem Zeugen des Übergangs von einem gesellschaftlichen System in ein anderes geworden. Seine Abschaffung würde politische Unruhe hervorrufen; gleichzeitig ist das Orchester für die gegenwärtige ghanaische Gesellschaft jedoch auch zu unbedeutend, als dass es finanzielle Unterstützung erhalten würde. Die Existenz des Orchesters bleibt ambivalent. Diese Unentschiedenheit – die in den Instrumenten nachzuhallen scheint, welche ideologisch mit dem stereotypen Bild des ach-so-zivilisierten europäischen Kolonisten verbunden sind – ist ein Ausdruck der mangelnden Einbettung in lokale Traditionen und Werte. Es ist bezeichnend, dass die Musiker, die sich mit anderen Jobs über Wasser halten müssen, oft keine Zeit haben, an den Proben teilzunehmen, zu spät kommen oder einfach (zu) müde sind. My lifetime (Malaika) ist jedoch weder ein Portrait der Musiker noch ist es eine Dokumentation über das Nationale Symphonieorchester Ghanas. Eher setzt Zdjelar mit großer Sensibilität das Orchester ein, um aufzuzeigen, wie der Mechanismus eines nationalstaatlichen Projektes Individuen affiziert und betrifft.