Zu sehen vom 1. – 30. September 2017
Im September zeigen wir das Video Three Borders (2017) von Alisa Berger. Die Präsentation dieser Arbeit ist gleichzeitig eine Vorschau auf unsere Ausstellung Die Grenze (25. November 2017 – 8. April 2018) auf der Ebene 6 des Dortmunder U - mit 23 KünstlerInnen aus der gesamten ehemaligen Sowjetunion.
Three Borders ist eine 55-minütige Found-Footage-Arbeit im Stil von Chris Markers La Jetée (1962). Sie besteht aus Familienfotos der Künstlerin und aus anderen anonymen gefundenen (Familien-)Fotos. Das Video erzählt – im Stil des Magischen Realismus – Anekdoten aus den Familiengeschichten von Alisa Bergers jüdischem Vater und ihrer nordkoreanischen Mutter. In den zehn Geschichten geht es um das Zusammentreffen von Koreanern und galizischen Juden. Sie handeln von der Überwindung oder Errichtung innerer, äußerer, nationaler, ethnischer, geistiger oder seelischer Grenzen und erstrecken sich über drei Generationen. Alisa Berger erzählt über Halmani, ihre koreanische Großmutter, die niemals Künstlerin werden sollte sondern für immer Bäuerin blieb, über Evgenij, den Erbauer und Sprenger von Brücken, über Naftula, den sechsjährigen Jungen, der aus rassistischen Gründen ein anderes Kind tötete sowie über Alisa, das Mädchen, das mit zwei unterschiedlichen Augen aufwuchs. Sie erinnert sich an Harabudi, den alten Mann, dessen Geschichte von niemandem aufgeschrieben wurde und der auf seinen Tod wartet, an Tatjana und Boris, deren verbotene Liebe zwei ethnische Dynastien zerstörte, und an Maya, das Mädchen, das vom Meer weggetragen und wiedergeboren wurde. Und schließlich berichtet sie von Tanja, der Mutter, die ihr Klavier mehr liebte als ihren Sohn, von einer anderen Mutter, die während der Deportation die Papiere ihres Mannes mit sich schleppte bis sie diese verlor und niemals erfahren sollte, was so wichtig an ihnen war, und von Sima, der Schwester, die ihre Familie aufgab, um auf der Suche nach einem besseren Leben die Grenze zu überqueren und dann für immer verschwand. Alisa Bergers nacherzählte Familienanekdoten bestehen aus poetischen Verdichtungen: Subjektive Erinnerungen und Träume kulminieren in der intimen Realität eines filmischen Fotoalbums.
Alisa Berger, *1987 in Machatschkala, Republik Dagestan, Russland; lebt und arbeitet in Köln. 2010 - 2016 Studium der Medienkunst an der Kunsthochschule für Medien, Köln; 2013 „Artes Plasticas“ an der Universidad Nacional de Colombia. Seit 2011 Zusammenarbeit mit Lena Ditte Nissen als bergernissen. Alisa Bergers Spielfilm Die Körper der Astronauten (2017) wurde 2017 im Wettbewerb des Filmfestivals Max-Ophüls-Preis in Saarbrücken präsentiert.