Text aus einem Flugblatt der psychologischen Kriegsführung der USA in Vietnam
Planet Claire has pink airAll the trees are redNo one ever dies thereNo one has a head
Auszug aus dem "B-52's" Song "Planet Claire"
Einführung
Gibt man in Suchmaschinen den Begriff „B-52“ ein, erhält man ebenso viele Links auf die Fanseiten der 80er Jahre Band „The B-52’s“ wie auf jene der begeisterten Anhänger des legendären B-52 Bombers.Die Boeing B-52 ist das älteste noch betriebene Modell der Luftfahrtgeschichte. Sie wurde Ende der 40er Jahre entwickelt und kam Anfang der 50er erstmals zum Einsatz. Auf ungebrochen Weise repräsentiert die B-52, die unter anderem Atombomben und Cruise Missiles transportieren kann, die Ideologien des Kalten Krieges, der technischen, militärischen und wirtschaftlichen Überlegenheit der USA.
Die amerikanische Band "The B-52's", nicht nach dem Bomber, sondern nach einer auf extreme Weise – bombenfest? – toupierten Haartracht benannt, ist in den 80er Jahren vom Outfit bis zum Plattencover mit einem schrägen retro-futuristischen Stil angetreten, der die Pop- und Partykultur der 60er Jahre – bekanntlich auch ein Produkt des Kalten Krieges – in überzeichneter Form imitiert.
Der ebenso affirmative wie konterkarierende Partykult der B-52's dreht sich allen voran um den Glanz und Glitter extraterrestrischer Welten. Der B-52 Bomber "Stratofortress" (!) ist zwar den Sternen nicht wirklich nah, erreicht aber immerhin ein Flughöhe von 15.000 Metern.
Die enorme Flughöhe des mit elektronischen Sichtgeräten ausgestatten B-52 Bombers ermöglicht jene Kriegsführung, die ihr Ziel aus den Augen verloren hat und deren "Kolateralschäden" uns nur noch als abstrakte Bilder erreichen. Von den "Höhepunkten" der modernen Kriegsführung aus betrachtet, sind Opfer nicht nur gesichtslos, sie sterben anscheinend auch nicht mehr. "No one ever dies there, no one has a head" singen die
B-52's in "Planet Claire".
Die Ausstellung "No one ever dies there, no one has a head" stellt künstlerische Arbeiten vor, die sich mit Formen der Repräsentation und Wahrnehmung sowie der Abstraktion und Verdrängung von Krieg, Gewalt und Angst in der "westlichen Zivilisation" auseinander-
setzen.
Neben den Kunstwerken umfasst die Ausstellung auch dokumentarisches Material: z.B. über ein Programm des Londoner „Imperial War Museum“, das zeitgenössische KünstlerInnen damit beauftragt, an Kriegsschauplätze zu reisen um vor Ort Gemälde anzufertigen.
Darüber hinaus wird die Ausstellung am 12. und 13. Juli von ein Film- und Vortragsprogramm erweitert. Blind Dates. Berichte von der Nachrichtenfront beschäftigt sich mit Aspekten der Kriegsbersichterstattung.
Die KünstlerInnen
Wolf Vostell hat bereits 1968 dem Mythos der B-52 mit seiner Serie "B-52 – statt Bomben" einen kritisch-ironischen Kommentar entgegengesetzt: Die Vostell'schen B-52er, grob gerasterte Vergrößerungen eines Pressefotos, werfen neben Bomben z.B. auch Dauerlutscher oder Lippenstifte ab. Über die Parole "Make Love not War" hinausgehend, spielt der Künstler auch und gerade auf die "weichen" Strategien des Kalten Krieges an.Ca. 30 Jahre später reproduziert der britische Künstler Jamie Wagg den B-52 Bomber, der eine Länge von 50 Metern, eine Höhe von 12 Metern und eine Flügelspanne von 56 Metern misst, im Maßstab 1:1 im Internet: Der Betrachter scrollt dabei endlos an der grauen Oberfläche des Bombers entlang. Auf verstörende Weise hebelt Heather Burnett, die in ihrem Video Szenen aus Actionfilmen mit brutalen Szenen aus Sorious Samuras Dokumentarfilm über den Bürgerkrieg in Sierra Leone konfrontiert, unsere vermeintlich stabilen Sehgewohnheiten auf Krieg und Gewalt aus.
Den Siegeszug des Westens mit seinen Strategien der „feindlichen Übernahme“ reflektiert wiederum Rudolf Bonvie in seiner Fotoarbeit „Pariser Platz Januar 1990“: Sie zeigt ein Stück der Berliner Mauer, an dem kurz nach der „Wende“ ein Transparent mit dem Slogan: „Saatchi & Saatchi first over the Wall“ hängt.
Auf der Basis von wissenschaftlichem Filmmaterial aus der Jahrhundertwende – vermutlich eine Studie über ein Giftgasopfer – führt Douglas Gordon den Betrachter an die schmalen Grenzen zwischen Schrecken, Objektivierung und ästhetischem Genuss. Grenzen, die in gewisser Weise auch Mike Marshall mit seiner filmischen Beobachtung eines Sonnenuntergangs auslotet. Pseudo-psychologische Methoden der Angstbewältigung werden dagegen von Annis Joslin auf ironische Weise demontiert.
Volker Eichelmann / Roland Rust / Johannes Schweiger greifen „Verschwörungstheorien“ unter anderem an Hand der Schicksale der amerikanischen Präsidenten Abraham Lincoln und John F. Kennedy auf. Zu einer „Verschwörung“ gegen nationale und bürgerliche Identitäten ruft wiederum Ross Sinclair in seiner Neonarbeit und Rauminstallation mit Parolen wie „Burn your pass-port“ oder „Renounce Citizenship“ auf.