Muntadas – On Translation: Das Museum

24. Mai 2003 - 13. Juli 2003 Museum am Ostwall, Dortmund

Vom 24. Mai – 13. Juli 2003 zeigt das Museum am Ostwall Dortmund die Ausstellung On Translation: Das Museum, die rund 50 Projekte des 1942 in Barcelona geborenen und seit 1971 in New York lebenden Künstlers Antoni Muntadas vorstellt.

Mit der Ausstellung "On Translation: Das Museum" wird Muntadas, dessen gesellschafts- und medienkritischen Arbeiten in internationalen Kunstinstitutionen, auf der documenta 6 und X sowie auf zahlreichen Biennalen gezeigt wurden, erstmals im Rahmen einer umfangreichen Einzelschau in Deutschland vorgestellt.

Fokus der Ausstellung ist dabei Muntadas’ 1995 begonnene und auf mittlerweile 29 höchst unterschiedliche Einzelprojekte angewachsene Serie "On Translation", die sich mit Problemen der "Übersetzung" unter den Bedingungen einer globalisierten Welt widmet.

Die Frage der Übersetzung von einer in die andere Sprache spielt dabei eine ebenso wichtige Rolle, wie technologisch, gesellschaftlich, politisch oder wirtschaftlich bedingte Formen der Übertragung, Vermittlung oder des Transfers.
Die Serie untersucht dabei auch – und dies nicht zuletzt im Rahmen der Ausstellung "On Translation: Das Museum" – das Museum als einen kanonisierten Ort der Vermittlung und der "Übersetzung" zwischen KünstlerInnen, Kunstwerken und dem Publikum.

Nach dem Museu d’Art Contemporani de Barcelona (MACBA), wo die gesamte "On Translation"-Serie zum ersten mal präsentiert wurde, zeigt das Museum am Ostwall eine weitere und davon abweichende Interpretation des Projektes, die auch frühere Arbeiten von Muntadas integriert.

Die durch Muntadas initiierte Ausstellung wurde vom medien_kunst_netz dortmund in Kooperation mit dem MACBA entwickelt.

Im Rahmen der Ausstellung findet vom 4.–6. Juli ein Film- und Videoprogramm statt, das der Filmwissenschaftler Eugeni Bonet (Barcelona) kuratiert.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog (Englisch/Deutsch) mit Beiträgen von Reinhard Braun, Valentín Roma, Eugeni Bonet, Iris Dressler und Hans D. Christ.

Projekt

On Translation is a series of works exploring issues of transcription,
interpretation and translation.

From language to codes
From silence to technology
From subjectivity to objectivity
From agreement to wars
From private to public
From semiology to cryptography

The role of the translation/translators as a visible/ invisible fact.


Muntadas, 1995

Muntadas, der bereits 1974 in Cadaqués ein unabhängiges, lokales Fernsehprogramm initiierte, das – alternativ zum einzigen Sender des Franco-Regimes – an verschiedenen öffentlichen Orten ausgestrahlt wurde, zählt zur frühen Generation der MedienkünstlerInnen. Mit "The File Room" realisierte er 1994 eines der ersten Internetkunstwerke, für das er mit dem ARS Electronica Preis ausgezeichnet wurde: Eine bis heute auf dem Netz aktive, offene Datenbank, die Zensurfälle archiviert.

Von Muntadas als Medienkünstler zu sprechen greift allerdings zu kurz, denn der Künstler wählt sein Material, seine Werkzeuge und Vorgehensweisen immer in Bezug auf den jeweiligen Anlass und spezifischen Kontext der Neuproduktion: dabei kann eine Fotomontage, eine Videoinstallation, ein Workshop, eine Postkartenedition, ein Buch, eine Videokonferenz, ein Internetprojekt oder eine Intervention im öffentlichen Raum entstehen.

Diese Heterogenität spiegelt sich auch in der "On Translation"-Serie wieder, die Muntadas 1995 mit "On Translation: The Pavilion", einer Installation in einem öffentlichen Pavillion der Stadt Helsinki, begann, und die er seither sowohl für den öffentlichen Raum als auch für Kunstinstitutionen verschiedener Städte in Europa, den USA und Lateinamerika entwickelte.

Am Beispiel der KSZE – der Konferenz für die Sicherheit- und Zusammenarbeit in Europa –, die 1975 in Helsinki tagte, beschäftigt sich Muntadas in On Translation: The Pavilion mit der oftmals unbeachteten jedoch einflussreichen Rolle der ÜbersetzerInnen im Rahmen solcher diplomatischen Zusammenkünfte – sowie mit den offiziellen und inoffiziellen, den multi- und den unilateralen, lauten und dezenten "Verhandlungssprachen", die hier an der Tagesordnung sind.

Die "Übersetzung" kultureller Werte in Form von universalen Codes – Nationalhymnen, Flaggen oder Logos – untersucht Muntadas in der Videoinstallation On Translation: The Games, die er 1996 im Kontext der Olympischen Spiele von Atlanta realisierte.

On Translation: The Bank (1997 – 2002) fragt ironisch danach, wie lange eine Tausend Dollarnote wohl dazu braucht, um in der Zirkulation von Währung zu Währung zu verschwinden.

Im Rahmen von On Translation: The Internet Project ließ Muntadas wiederum einen Satz nach dem Prinzip des Kinderspieles "Stille Post" über das Netz weltweiter Goethe Institute in 23 Sprachen übersetzen.

Dabei lotete er nicht nur den Sprachtransfer, sondern auch die Grenzen der Übertragungswege der neuen Kommunikationstechnologien aus.

"On Translation", das ist auch Muntadas’ seit den 70er-Jahren zusammengetragene Sammlung von Sicherheitsvorschriften weltweiter Fluggesellschaften mit ihren scheinbar immer gleichen Bildergeschichten, die internationale Vereinbarungen in die Sprache des "corporate design" übertragen oder "On Translation: Warning", ein Statement, das Muntadas in verschiedenen Formen und Sprachen im öffentlichen Raum zirkulieren ließ: "Warning: Perception Requires Involvement".

On Translation: Das Museum

Mit "On Translation: Das Museum" geht es – wie bereits bei "On Translation: The Audience" oder "On Translation: Warning" – schließlich um die dem Kulturbetrieb inhärenten Vermittlungs- und Übersetzungsleistungen.

In gewisser Weise ist "On Translation: Das Museum" eine "Auftragsarbeit", die nicht das Museum an den Künstler, sondern umgekehrt, der Künstler an das Museum delegiert. Der Auftrag lautet, die Präsentation der gesamten "On Translation" Serie weder als Dokumentation, noch als Rekonstruktion, sondern als "Interpretation" zu verhandeln.

Es geht es bei "On Translation: Das Museum" also nicht in erster Linie um Kategorien wie Werktreue, Überblick oder Retrospektive, sondern darum, interpretierend in ein bestimmtes Werk einzugreifen und diesen Eingriff transparent bzw. "angreifbar" zu machen.

"On Translation: Das Museum" findet in Dortmund auf drei miteinander korrespondieren Ebenen statt: Der Ausstellung im Museum am Ostwall, einer neuen Arbeit von Muntadas, "On Translation: Die Sammlung", die an verschiedenen Werken der Sammlung des Museums am Ostwall ansetzt, sowie einem Filmprogramm, das der spanische Filmwissenschaftler und Muntadasexperte Eugeni Bonet zusammenstellt.

Die Ausstellung selbst interpretiert die "On Translation"- Serie auf der Basis von zehn Themenzonen, die Aspekte der "Übersetzung" aufgreifen, die – aus der Sicht der KuratorInnen – für die "On Translation" -Serie relevant sind:

> Lobby > De/Kodierung > Adaption > Formationen des Privaten > Transformationen des Städtischen > Adressat > Medium > Information > Archiv > Museum

Darüber hinaus werden in die Zonen auch weitere Arbeiten von Muntadas integriert, denn die "On Translation"-Serie verhandelt zahlreiche Themenkomplexe – die Medien, das Medienspektakel, die Architektur, die Stadt, das Publikum oder das Museum – mit denen sich Muntadas bereits in früheren Arbeiten auseinandergesetzt hat.

Bereits in den 80er-Jahren, jenen durch den Malerei-Boom eingeläuteten, "goldenen" Jahren des Kunstbetriebes, setzte sich Muntadas zum Beispiel kritisch mit dessen Mechanismen, ProtagonistInnen und Institutionen auseinander. Während "Exposición / Exhibition" (1985/87) die Inszenierungstaktiken des Museums und deren Bedeutung ins Blickfeld rückt, besteht "Between The Frames" (1983/93) aus insgesamt acht Videokapiteln, in denen Muntadas Interviews mit den GaleristInnen, SammlerInnen, MuseumsdirektorInnen oder KünstlerInnen jener Tage führt.

Das in situ Projekt "Situación" bestand 1988 wiederum im wesentlichen darin, dass Muntadas die Fenster des renommierten Museums "Reina Sofia" in Madrid öffnete, so dass der Straßenlärm, die Witterung, Staub und Tageslicht eindringen konnten – das heißt die Sicherheitsstandards und Klimakontrollen des Museums unterlaufen wurden. In einem anderen Museum im selben Jahr öffnete und beleuchtete Muntadas den Sicherungskasten...

"On Translation: Das Museum" greift diese und andere Arbeiten auf und stellt sie in den Kontext der "On Translation"-Serie. Die zehn Themenzonen, innerhalb derer die Arbeiten zusammengefasst werden, sind dabei als offene Klammern angelegt, als Konstruktionen und Setzungen, die sich selbst zu den Rändern hin immer wieder auflösen: Denn es sind die Arbeiten von Muntadas selbst, die in ihrer multiplen Lesbarkeit mit diesen Setzungen interagieren – und sich ihnen zugleich entziehen.

On Translation: Die Sammlung

"On Translation: Die Sammlung" ist eine neue Arbeit von Muntadas, die er im Rahmen der Dortmunder Ausstellung entwickelt. Ausgangspunkt sind dabei verschiedene Werke aus der Sammlung des Museums am Ostwall, wie zum Beispiel Ewald Matarés Plastik "Die große liegende Kuh" von 1929/30 oder Joseph Beuys "Filzanzug" von 1970.

Die exemplarisch ausgewählten Arbeiten verbindet, dass es sich hierbei nicht um Unikate handelt, sondern um Werke, die in verschiedenen Auflagen existieren. Recherchiert wurden weitere öffentliche Sammlungen, die eines der ausgewählten Werke besitzen und Informationen zum Ankauf, zur Präsentation, zur Beschilderung etc. Muntadas interessiert, wie Museen bzw. öffentliche Sammlungen sich zu solchen Werken verhalten. Wie vermittelt sich ihr "multipler" Charakter im Rahmen der Präsentation? Welche Rezeptionsweisen resultieren aus den unterschiedlichen Ausstellungsformen?

Das Projekt versammelt Dokumentationen zu dem Präsentation der verschiedenen Auflagen und stellt den Werken aus der Sammlung des Museums am Ostwall ihren "Zwilling" aus anderen öffentlichen Sammlungen gegenüber.

Katalog

Der Katalog zur Ausstellung umfasst Texte von Valentín Roma, Reinhard Braun, Hans D. Christ und Iris Dressler.
Die beiden Texte von Roma und Braun beziehen sich dabei auf die Ausstellung "On Translation: Museum" in Barcelona und reflektieren diese aus unterschiedlichen Perspektiven: Der Kurator Valentín Roma als eine Person, die neben José Lebrero Stals und Enric Franch an der Interpretation von On Translation in Barcelona direkt beteiligt war, und der Kurator, Kritiker und Autor Reinhard Braun als Person, die diese Ausstellung aus der Distanz des "externen" Experten heraus betrachtet.

Filmprogramm

Parallel zur Ausstellung "On Translation: Das Museum" zeigt der spanische Filmwissenschaftler, Kurator und Filmemacher Eugeni Bonet ein Film- und Videoprogramm, das zum einen die Thematik der "Übersetzung" auf filmhistorischer Ebene aufgreift, und das sich zum anderen selbst als eine Interpretation der "On Translation" Serie versteht. Das Programm umfasst Videos von Muntadas sowie frühe Filme von KünstlerInnen und FilmemacherInnen wie Jeanne C. Finley, Joyce Wieland, Raúl Ruiz oder Hollis Frampton.

Muntadas

Antoni Muntadas
geb. 1942 in Barcelona, lebt seit 1971 in New York

In den letzten 30 Jahren wurde Antoni Muntadas von zahlreichen international renommierte Kunstinstitutionen zu Einzelausstellungen eingeladen, darunter das Museum of Modern Art in New York, das Berkeley Art Museum in Kalifornien, das Wexner Center for the Arts, das Musée d'Art Contemporain de Montréal, das Museu de Arte Moderna de Rio de Janeiro, das Ludwig Museum in Budapest, das Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofia in Madrid oder das Museu d’Art Contemporani de Barcelona (MACBA).

Muntadas Werke waren auf der documenta 6 und X sowie auf den Biennalen von Venedig, São Paulo, Lyon und Havanna vertreten. Er wurde mit zahlreichen Preisen, wie zum Beispiel 1995 mit dem Ars Electronica Preis für sein Internetprojekt "The Fileroom" ausgezeichnet.

Muntadas, der derzeit unter anderem am französischen Medienkunstinstitut Le Fresnoy in Lille lehrt, war Gastdozent an Institutionen wie dem Massachusetts Institute of Technology, MIT, der University of California, San Diego, den Écoles des Beaux Arts in Bordeaux und Grenoble, dem San Francisco Art Institute oder der École Nationale des Beaux Arts in Paris.

Parallel zur Dortmunder Ausstellung "On Translation: Das Museum" zeigt die Galerie Brigitte March in Stuttgart (17. Mai – 30. Juni) neue Arbeiten von Muntadas.

 

Filmprogramm

Parallel zur Ausstellung "On Translation: Das Museum" zeigt der spanische Filmwissenschaftler, Kurator und Filmemacher Eugeni Bonet ein Film- und Videoprogramm, das zum einen die Thematik der "Übersetzung" auf filmhistorischer Ebene aufgreift, und das sich zum anderen selbst als eine Interpretation der "On Translation" Serie versteht. Das Programm umfasst Videos von Muntadas sowie frühe Filme von KünstlerInnen und FilmemacherInnen wie Jeanne C. Finley, Joyce Wieland, Raúl Ruiz oder Hollis Frampton.

Förderer und Kooperationspartner

Ein Projekt des
medien_kunst_netz dortmund
> hartware medien kunst verein
> Museum am Ostwall
> Kulturbüro Stadt Dortmund
> Universität Dortmund
                 
in Kooperation mit
Museu d’Art Contemporani de Barcelona, MACBA

sowie
Eugeni Bonet, Barcelona (Filmprogramm)
Reinhard Braun, Graz (Katalogbeitrag)
Valentín Roma, Barcelona (Katalogbeitrag)
und vielen anderen

KuratorInnen    
Hans D. Christ, Iris Dressler

Schirmherrin
Marianne Wendzinski, Bürgermeisterin der Stadt Dortmund

Gefördert durch
Stadt Dortmund
Kunststiftung NRW
Ministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport des Landes NRW
Sparkasse Dortmund

sowie
AON Artscope Kunstversicherungsmakler,
D'Art - Art Handling Spedition GmbH
Siebdruckatelier Haubner
Oktober Kommunikation

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