Artur Zmijewski: Democracies
21. April 2012 - 22. Juli 2012 Dortmunder U, Ebene 3Eröffnung: Freitag, 20. April 2012, 18:30 Uhr
Kuratiert von Inke Arns
Die Installation "Democracies" (2009–2012) von Artur Żmijewski (*1966, Warschau) besteht aus 25 kurzen Dokumentarvideos, die politische Willensbekundungen und Meinungsäußerungen im öffentlichen Raum zeigen. Diese stellt der Künstler nebeneinander, ohne zu werten: Wir sehen Aufnahmen, in denen sich Menschenmengen auf Demonstrationen, Fußballfeiern, Beerdigungen, bei Kriegsspielen oder Militärparaden begegnen. Neben den Bildern ist der authentische Sound der jeweiligen Veranstaltung zu hören, der sich im Ausstellungsraum lautstark zu einer Kakophonie vermischt. Die BesucherInnen haben jedoch auch die Möglichkeit, per Kopfhörer die spezifische Tonspur zu einem einzelnen Video zu hören.
Der Titel "Democracies" deutet dabei an, dass Gesellschaft essentiell aus widerstreitenden Interessen besteht. Diese müssen ausgehalten und immer wieder neu verhandelt werden. Das ist meistens mühsam und oft auch unschön – aber eben konstitutiv für die Gesellschaftsform der Demokratie: Alles andere wäre Totalitarismus. Brisant wird Democracies jedoch durch die Gleichsetzung von vermeintlich kultivierter Politikausübung und eher unreflektierten und unkontrollierten Meinungsäußerungen. Raimar Stange schreibt daher zu Recht: „Das Modell 'Demokratie' ist seit der Aufklärung (...) verknüpft mit der Idee der Ausbildung von „mündigen Subjekten“. Was aber ist von dieser Verknüpfung heute noch geblieben? Bildung dient mehr oder weniger nur noch zur Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt, die Massenmedien, von Bertolt Brecht noch als Volkshochschule gedacht, verblöden das Volk gezielt und nachhaltig, die Ausübung der demokratischen Rechte beschränkt sich fast auf das Kreuzchenmachen im Rhythmus von vier Jahren. Und die Rhetorik der offiziellen Politik (...) ist längst eine der bewussten Volksverdummung. So sind dann auch die Randale von Fußballfans oder der Schwachsinn von Neonazis eben keine Randphänomene unserer kapitalistischen Gesellschaft, sondern sehr wohl adäquater Ausdruck ihrer mentalen Verfassung.“ (Raimar Stange, in: vonhundert, 2009)
Pessimistisch formuliert bewegen wir uns also in Richtung einer Gesellschaft, die der des Films Idiocracy gleicht. Artur Żmijewski gibt sich jedoch damit nicht zufrieden. Viel eher geht es in Democracies um die Demokratie als das Unschöne, das ausgehalten und immer wieder neu ausgehandelt werden muss. Es geht um unangenehme Wahrheiten, die vor der Kamera ausagiert werden, mit denen wir uns aber im Sinne eines immer wieder neu zu verhandelnden gesellschaftlichen Konsenses konfrontieren müssen. Auch wenn das Hinschauen bisweilen schwer fällt.
Artur Żmijewski (*1966 in Warschau) studierte 1990–1995 an der Warschauer Kunstakademie und 1999 an der Gerrit Rietveld Academie in Amsterdam. 2005 repräsentierte er Polen auf der 51. Kunstbiennale von Venedig. 2007 nahm er an der documenta 12 in Kassel teil. Er ist Mitglied der politischen Bewegung Krytyka Polityczna in Polen und künstlerischer Leiter des gleichnamigen Magazins. Artur Żmijewski ist Kurator der 7. Berlin Biennale für zeitgenössische Kunst (2012). Er lebt und arbeitet in Warschau.
Begleitend wird während des Ausstellungszeitraums im RWE Forum | Kino im U am 11. und 25. Mai 2012 das von Katrin Mundt kuratierte Filmprogramm "Between Us" mit experimentellen und dokumentarischen Kurzfilmen gezeigt, die seit den 1970er Jahren in Polen entstanden sind.
Die Ausstellung Artur Żmijewski: "Democracies" und das Filmprogramm "Between Us" finden statt im Rahmen von:
Klopsztanga. Polen grenzenlos NRW – www.klopsztanga.de/
Förderer und Kooperationspartner
Gefördert von:
NRW Kultursekretariat Wuppertal
Polnisches Institut Düsseldorf
Kooperationspartner:
Medion
Hauptförderer des HMKV:
Kulturbüro Stadt Dortmund
Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW
Sparkasse Dortmund
DSW21
Medienpartner:
ARTE Creative - creative.arte.tv
De:Bug
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