Anna Kournikova Deleted By Memeright Trusted System – Kunst im Zeitalter des Geistigen Eigentums
19. Juli 2008 - 19. Oktober 2008 PHOENIX Halle„You can’t use it without my permission ... I’m gonna sue your ass!“ schreit die kleine Meerjungfrau von Disney mit der wütenden Stimme eines Urheberrechts-Anwaltes im Video „Gimme the Mermaid“ (4:45 min., 2000).
Dieses Video von Negativland und Tim Maloney, das am Eingang der Ausstellung „Anna Kournikova Deleted By Memeright Trusted System. Kunst im Zeitalter des Geistigen Eigentums“ steht, ist eine von 28 Arbeiten, die vom 19. Juli – 19. Oktober vom Hartware MedienKunstVerein (HMKV) in der PHOENIX Halle in Dortmund gezeigt werden. Die Ausstellung ist Teil des Projektes „Arbeit 2.0 - Urheberrecht und kreatives Schaffen in der digitalen Welt". Im Rahmen von „Arbeit 2.0“ untersucht der HMKV zusammen mit dem Berliner Kooperationspartner iRights.info/mikro e.V. das Verhältnis zwischen kreativer Arbeit, Urheberrecht und Technik (www.iRights.info).
Zur Ausstellung
Was hat der sich wandelnde Begriff der Arbeit mit geistigem Eigentum zu tun? Wir leben heute in einer postindustriellen Gesellschaft, in der nicht mehr materielle Güter (wie Stahl, Kohle etc.) produziert werden, sondern immaterielle Güter. Das Ruhrgebiet mit seinen deindustrealisierten Landschaften steht paradigmatisch für diesen Übergang vom Industriezeitalter in die Informations- oder Wissensgesellschaft. Es gibt jedoch einen signifikanten Unterschied: Immaterialgüter wie Wissen und Informationen lassen sich verlustfrei reproduzieren. Um in einer Wertschöpfungskette funktionieren zu können, müssen diese Immaterialgüter daher in ihrer Verbreitung eingeschränkt werden – und zwar mit Hilfe des Patent-, des Urheber- und des Markenschutzrechts. All dies sind Formen geistigen Eigentums.
Auf das Konzept des Geistigen Eigentums als Wertschöpfungsinstrument verweist auch die perfide Kurzgeschichte von David Rice, der die KuratorInnen Inke Arns und Francis Hunger den Ausstellungstitel entlehnt haben: Im Jahr 2067 lassen Stars – wie der ex-Tennisprofi Anna Kournikova – ihre „Marke“ vor unerlaubten Lookalikes schützen, indem diese durch ein satellitengestützes System kontrolliert und gegebenenfalls durch einen starken Laserstrahl ausgelöscht werden. Die ‚echte’ Anna Kournikova wird auf einer nicht angemeldeten Reise in den asien-pazifischen Raum vom System als unerlaubte Kopie ihrer selbst identifiziert - und konsequenterweise eliminiert.
Die Ausstellung Anna Kournikova Deleted By Memeright Trusted System – Kunst im Zeitalter des Geistigen Eigentums in der 2.200 qm großen PHOENIX Halle in Dortmund-Hörde auf dem Gelände des ehemaligen Stahlwerks Phoenix-West fragt angesichts aktueller Entwicklungen, was mit Kunst und Musik, die appropriierend, sampelnd und zitierend mit Vorbestehendem verfährt, im Zeitalter eines Urheber- bzw. Immaterialgüterrechts passiert, das immer stärker exklusiven Verwertungs- denn öffentlichen Nutzungsansprüchen verpflichtet ist. Entgegen der Behauptung der Urheberrechtsindustrie, die besagt, dass die Ausweitung der Schutzrechte (für wen?) mehr Kreativität bedeutet, stellt die Ausstellung die These auf, dass Kreativität nur dann möglich ist und bleibt, wenn Künstlerinnen und Künstler in der Lage sind, mit Rückgriff auf Vorbestehendes Neues zu schaffen. Aneignende Kunst, die über Kultur spricht, indem sie sich auf kulturelle Artefakte bezieht und vorgefundenes ästhetisches Material verwendet, wird weiterhin nur dann entstehen können, wenn auch in Zukunft gewährleistet ist, dass neben den gerechtfertigten ökonomischen Interessen der Urheber und der Verwerter die demokratischen Teilhabeansprüche (von Konsumenten – und Urhebern!) ausreichend berücksichtigt werden.
Sollte die Entwicklung des Urheberrechts und der anderen geistigen Eigentumsrechte weiter so betrieben werden, wie es derzeit der Fall ist, wird dies durchaus in Frage gestellt. Ein noch stärker im Sinne der Verwerter verschärftes Urheberrecht würde sich gegen die Freiheit der Kunst wenden und zu einem effektiven Instrument der Unterbindung von Neuem mutieren. Es würde immer schwieriger, über Kultur unter Verwendung von Bildern, Logos oder Soundschnipseln eben dieser Kultur zu sprechen. Einen Vorgeschmack auf diese Entwicklung gibt bereits die Tatsache, dass Sampling im Hip Hop stark abgenommen hat, seitdem Rechtsabteilungen von Majors aggressiv gegen unlizenzierte Samples von Musikern anderer Labels vorgehen.
Die Ausstellung Anna Kournikova Deleted By Memeright Trusted System – Kunst im Zeitalter des Geistigen Eigentums stellt künstlerische Arbeiten vor, die sich einerseits mit der künstlichen Verknappung von Kulturgütern befassen und andererseits mittels 'alternativer' Lizenzen eine Alternative zum gegenwärtigen Urheberrecht entwickeln. Die ausgewählten Arbeiten werden die Möglichkeiten und Grenzen künstlerischer Arbeit im Rahmen eines zunehmend restriktiv gehandhabten Immaterialgüterrechts aufzeigen und so den sich wandelnden Begriff von Arbeit im Kontext digitaler Reproduzierbarkeit beleuchten.
Anna Kournikova Deleted By Memeright Trusted System – Kunst im Zeitalter des Geistigen Eigentums zeigt zeitgenössische künstlerische Arbeiten aus den Bereichen der Konzept-, Netz- und Softwarekunst sowie Filmwerke, die die Kollision von Technikentwicklung, digitaler Rechtekontrolle, Ökonomie und kultureller Arbeit zugleich nachdenklich und spielerisch aufzeigen.
Die in der Ausstellung vertretenen KünstlerInnen gehen der Frage nach der Kunst im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit nach, die sich in einer post-fordistischen, mit digitalen Computernetzwerken durchzogenen Welt noch einmal anders stellt als in den vom Fordismus geprägten, analogen Zeiten, auf die sich Walter Benjamin bezog. Im Umgang mit diesen Fragestellungen werden künstlerische Techniken wie Cut-up, Sampling, Detournement, Appropriation, Kopie, Remix, Plagiarismus und Wiederholung eingesetzt.
Teilnehmende KünstlerInnen:
AGENTUR/AGENCY (BE), Daniel Garcia Andújar (ES), Walter Benjamin (US), Pierre Bismuth (FR), Christian von Borries (DE), Christophe Bruno (FR), Claire Chanel & Scary Sherman (US), Lloyd Dunn (US/CZ), Electroboutique (Alexei Shulgin & Aristarkh Chernyshev) (RU), Fred Fröhlich (DE), Nate Harrison (US), John Heartfield (DE), Michael Iber (DE), Laibach/Novi kolektivizem (SI), likefashion.com (CN), Sebastian Lütgert (DE), Kembrew McLeod (US), Monochrom (AT), Negativland and Tim Maloney (US), Der Plan (DE), Ramon & Pedro (CH), David Rice (US), Ines Schaber (DE), Cornelia Sollfrank (DE), Stay Free (US), Jason Torchinsky (US), UBERMORGEN.COM & Alessandro Ludovico & Paolo Cirio (CH/AT/IT), u.a.
Kuratiert von:
Dr. Inke Arns, künstlerische Leiterin des HMKV
Francis Hunger, Junior Kurator des HMKV
Ausstellungsorte und Öffnungszeiten
PHOENIX Halle Dortmund
Hochofenstraße / Ecke Rombergstraße
Dortmund-Hörde
Do + Fr 11— 22 Uhr
Sa + So 11— 20 Uhr
www.hmkv.de
Heimat Design Shop
Kleppingstraße 43
Dortmund-Mitte
Mo — Fr 10 —19 Uhr
Sa 10 —18 Uhr
www.heimatdesign.de
Eintritt:
PHOENIX Halle Dortmund
4 € / 2 € ermäßigt
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Die Ausstellung Anna Kournikova Deleted By Memeright Trusted System – Kunst im Zeitalter des Geistigen Eigentums findet statt im Rahmen von:
Arbeit 2.0 – Urheberrecht und kreatives Schaffen in der digitalen Welt
Ein Projekt von:
Hartware MedienKunstVerein, Dortmund, und
iRights.info, Berlin
Das Projekt Arbeit 2.0 setzt sich mit dem Verhältnis von kreativer Arbeit, Urheberrecht und Technologie auseinander. Es besteht aus drei Teilen: Das Informationsportal zum Urheberrecht iRights.info erarbeitet eine Untersuchung über die neuen Arbeitsverhältnisse in den wichtigsten Urheberrechtsbranchen und betreibt ein Blog und ein Forum zum Thema (www.iRights.info). Dieser Projektbereich wird in Zusammenarbeit mit der AG Informatik in Bildung und Gesellschaft, Institut für Informatik der Humboldt-Universität zu Berlin durchgeführt und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Innovations- und Technikanalyse gefördert. Die Ausstellung des Hartware MedienKunstVerein gibt einen Überblick über künstlerische Strategien, sich den neuen Arbeits- und Eigentumsverhältnissen zu stellen. Schließlich wird die Tagung Kreative Arbeit und Urheberrecht, die von der Bundeszentrale für politische Bildung gefördert wird, Raum bieten, die Ergebnisse des gemeinsamen Projektes zu diskutieren.
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Kreative Arbeit und Urheberrecht
Eine Tagung von iRights.info, Berlin, und Hartware MedienKunstVerein, Dortmund
in der PHOENIX Halle Dortmund
Freitag, 26. September — Sonntag, 28. September 2008
Schützt das Urheberrecht Autorinnen oder Verwerter? Wie arbeiten Urheber – mit öffentlicher Förderung, in der Kreativwirtschaft oder in lustvoller Selbstausbeutung? Remixing ist illegal und findet doch massenhaft statt – wie lassen sich die Interessen von Kreativen und Re-Kreativen vereinbaren? Die brisantesten Fragen aus der Untersuchung der neuen Arbeitsverhältnisse werden nicht nur in Vorträgen und Podien zur Diskussion gestellt, sondern auch in Form von Performances, Filmen, Konzerten und einem Rundgang durch die Ausstellung. Die Tagung wird gefördert von der Bundeszentrale für politische Bildung.
Förderer und Kooperationspartner
Arbeit 2.0 -- Urheberrecht und kreatives Schaffen in der digitalen Welt ist ein Projekt von
Hartware MedienKunstVerein
iRights.info
Träger:
mikro e.V., Berlin
AG Informatik in Bildung und Gesellschaft, Institut für Informatik der Humboldt-Universität zu Berlin
Gefördert von:
Kulturstiftung des Bundes im Rahmen von "Arbeit in Zukunft"
Kunststiftung NRW
Der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen
Bundeszentrale für politische Bildung
Kulturbüro Stadt Dortmund
dortmund-project
NRW Kultursekretariat Wuppertal
Kulturwerk der VG-BILD-KUNST GmbH, Bonn
Hans-Böckler-Stiftung
ver.di
Kooperationspartner:
Heimatdesign Magazin/ Shop/ Agentur/
Gravis
Medien Kunst Raum Unna
Medienpartner:
Heinz
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