Plan B – Kunst Raum Stadt
26. May 2000 - 05. June 2000 hartware medien kunst vereinAuf einem Parcours, der ca. 1,2 km quer durch die „Backstagezonen“ der Dortmunder Innenstadt führt, zeigte die Ausstellung „Plan B“ Fotografien, Videoinstallationen und Objekte von 15 französischen KünstlerInnen.
Das Ruhrgebiet, ehemaliger Standort der Schwerindustrie (Stahl und Bergbau), hat seine ökonomischen Schwerpunkte in den letzten Jahren auf die Branchen neue Technologien, Freizeit und Tourismus verlagert. Wurde die Innenstadt von Dortmund zuvor dem Funktionalismus der Schwerindustrie angepasst, so plant man heute ihre Transformation zur belebten Mitte. So zum Beispiel durch die Revitalisierung der ehemaligen „Problemzone Nr. 1“, des Brückstraßenviertels. Neben einigen Szeneläden und Fast-Foodgastronomie, dominieren hier vor allem Leerstände, die Baustelle der 2002 eröffnenden neuen Philharmonie und eine hohe Fluktuation von Gewerbetreibenden.
Während das Brückstraßenviertel zu den Geschäftszeiten recht belebt ist, bildet die daran angrenzende und seit einigen Jahren gesperrte Burgtorpassage ein urbanes Vakuum. Im Rahmen von „Plan B“ wird die Passage temporär geöffnet. Von hier aus gelangt man zur „Kulturmeile am Wall“, wo sich mit der neuen Bibliothek und dem Verlagshaus „Harenberg City Center“ das zukünftige Image der Stadt Dortmund manifestiert. Dies soll durch die geplante Bahnhofsüberbauung in Form eines gigantischen U.F.O.s bekanntlich seinen Höhepunkt finden. (Anmerkung: Diese Pläne sind mittlerweile fallen gelassen worden).
Von der Bibliothek aus gelangt man zur unterirdischen Verbindung zwischen Innen- und Nordstadt: Die weitläufige Passage unter dem Hauptbahnhof, die jenseits der „Rushhour“ eine eher verwaiste Atmosphäre ausstrahlt, führt am Nordausgang zum CineStar.
An all den genannten Orten zeigen die KünstlerInnen von Plan B in leerstehenden Geschäften, Büroetagen oder Passagen, auf Fassaden oder in Vitrinen ihre zum Teil für Dortmund neu produzierten Kunstwerke: Fotografien, Video-, Raum- und Klanginstalltionen sowie - im weitesten Sinne - Objekte, Skulpturen und Papierarbeiten. Die Auseinandersetzung mit Dekor und Glamour als urbane Leerformeln, als veritabler „Dernier Cris“ des öffentlichen Raumes, steht dabei im Vordergrund.
KünstlerInnen (Auswahl)
Valérie Belins Fotoserie zeigt beispielsweise perfekt fotografierte Ensembles von venezianischen Spiegeln und Glasobjekten, die zu endlos gebrochenen Spiegelräumen generieren. Ein Mikrokosmos hochdekorierter Leere entfaltet sich darin. Belins Fotoserie wird in der Burgtorpassage gezeigt, deren gläsernes Dekor und urbanes Vakuum ein vergleichbares Ensemble bildet.
Bei Valérie Jouve, deren Arbeiten ebenfalls in der Burgtorpassage gezeigt werden, kontrastieren urbane Ödnis mit der überzeichneten Emotionalität von darin de/plazierten Personen.
Marin Kasimir entwickelt für „Plan B“ ein Panoramafoto von ca. 3 x 30 m Größe, in dem sich Situationen aus Dortmund und Paris vermischen. Gefragt wird nach den Differenzen und Ähnlichkeiten beider Städte, aber auch nach den Imaginationen von Urbanität.
Mit Dekor operieren wiederum Claude Closkys „Tapeten”, deren Muster aus Versatzstücken der Kosmetikwerbung montiert wurden. Motive des Flüssigen, Spritzenden und Überquellenden werden dabei zu einem sterilen „All-Over” stilisiert. Mit dieser Arbeit wird ein Abschnitt der Passage unter dem Hauptbahnhof tapeziert. Eine weitere Arbeit von Claude Closky zeigt Videoprojektionen, bei denen der Daumen gnadenlos rauf und runter geht und so Trends wie „Kaffe” und „Energy Drinks”, „Drachenfliegen” und „Bungee Jumping” oder „Kunst als Mode” und „Mode als Kunst” bewertet.
Bernard Lallemands Vitrinenarbeit „Une vie de rêve“ am selben Ort, evoziert ähnliche Widersprüche zwischen Sterilität und dem Liquiden. Drei sich drehende Schaufensterpuppen demonstrieren Accesoires, die das Ausscheiden jeglicher Körperflüssigkeiten verhindern, indem sie diese nur innerhalb des eigenen Körpers zirkulieren lassen.
Franck Scurti bezieht sich in seinen Videoarbeiten explizit auf urbane Displays. „Chicago/Flipper” verschränkt beispielsweise eine rasante Kamerafahrt durch Chicago mit der Ästhetik von Computerspielen. Die Stadt erscheint dabei aus der Perspektive einer Flipperkugel. Auch „Heineken Vision”, eine simple Aufnahme durch ein gefülltes Bierglas, stellt ein artifizielles urbanes Interface her.
Mit gegenläufigen Angeboten von Heimatbildern operieren Natasha Nisic und Herbert Schwarze, die einen temporären Karaokeclub eröffnen wird. Heimatschnulzen überlagern sich hier mit den wenig beliebten Bildern von Backstage-Szenarien der Dortmunder Innenstadt sowie mit den Wunschbildern des lokalen Stadtmarketings.
In der Bibliothek präsentiert Alain Bublex sein langjähriges Projekt „Glooscap“, eine real-fiktive Stadt, deren „Geschichte“ und „Zeugnisse“ sich aus historischen und aktuellen Versatzstücken diverser Städte zusammensetzt: Eine Art nachträglicher, hybrider Prototyp westlicher Stadtentwicklung.
Förderer und Kooperationspartner
Ein Projekt in Kooperation mit
Kulturbüro Stadt Dortmund
Heinrich-Böll-Stiftung NRW (Podium)
CineStar, Dortmund (Filmprogramm)
im Rahmen von
Fêtes des arts, 35. Internationale Kulturtage der Stadt Dortmund
KuratorInnen
Hans D. Christ, Iris Dressler
Presse und Koordination
Diana Ebster, Tabea Sieben
Technische Leitung
Hans D. Christ, Uwe Gorski
Support
Kulturbüro Stadt Dortmund
Stadt Sparkasse Dortmund
AFAA
Fonds Soziokultur
Air France
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